Predigt zu Kain und Abel von Pfarrer Dr. Lubinetzki am Tag seiner Einführung (2. Sept. 2012)

 

(EINFÜHRUNGS-) PREDIGT ZU 1. MOSE 4, 1-16A
Wermelskirchen, 2. September 2012 (13. Sonntag nach Trinitatis) –
„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die
Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.“

Liebe Gemeinde,

der Predigttext für heute morgen ist das ge-
naue Spiegelbild zu der Lesung, die wir eben ge-
hört haben. Dort ein Musterbeispiel an Verant-
wortung und Hilfsbereitschaft, an Nächstenliebe
zwischen Fremden; hier die uralte Erzählung des
ersten Mordes auf der Erde, die Erzählung zweier
Brüder, die nicht miteinander leben können; die
Erzählung von Kain und Abel aus dem 1. Buch
Mose, dem 4. Kapitel:

„Und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie ward
schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen
Mann gewonnen mit Hilfe des HERRN. 2 Danach gebar
sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer,
Kain aber wurde ein Ackermann. 3 Es begab sich aber
nach etlicher Zeit, daß Kain dem HERRN Opfer brachte
von den Früchten des Feldes. 4 Und auch Abel brachte von
den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der
HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer, 5 aber Kain
und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain
sehr und senkte finster seinen Blick.
6 Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst
du? Und warum senkst du deinen Blick? 7 Ist’s nicht also?
Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben.
Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür,
und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.
8 Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Laß uns aufs
Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde wa-
ren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug
ihn tot.
9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder
Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders
Hüter sein? 10 Er aber sprach: Was hast du getan? Die
Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der
Erde. 11 Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr
Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen
Händen empfangen. 12 Wenn du den Acker bebauen wirst,
soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und
flüchtig sollst du sein auf Erden.
13 Kain aber sprach zu dem HERRN: Meine Strafe
ist zu schwer, als daß ich sie tragen könnte. 14 Siehe, du
treibst mich heute vom Acker, und ich muß mich vor dei-
nem Angesicht verbergen und muß unstet und flüchtig sein
auf Erden. So wird mir’s gehen, daß mich totschlägt, wer
mich findet. 15 Aber der HERR sprach zu ihm: Nein,
sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt
werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain,
daß ihn niemand erschlüge, der ihn fände. 16So ging Kain
hinweg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im
Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.“

 

Und wieder kommt Kain mit einem blauen
Auge davon! So oft diese Geschichte auch schon
erzählt wurde, so oft sie gelesen, gehört oder er-
innert wird, so oft regt sich leise Empörung über
den Mörder, der zwar nicht ungeschoren, aber
doch relativ glimpflich aus der Sache heraus-
kommt. Das Opfer aber, Abel, der ermordete
Bruder, ist und bleibt tot, liegt in seinem Blut und
wird sich nie wieder erheben.

Es ist kein Wunder und spricht ja auch durch-
aus für uns, daß unsere Sympathien ganz auf Sei-
ten des Opfers liegen. Abel jammert uns, er rührt
an unser Herz, und in der Empörung über seine
Ermordung schwingt alle Empörung mit über das
Unrecht, das diese Welt bis heute immer wieder
heimsucht und – so muß es einem doch vor-
kommen! – allzu oft hämisch triumphiert oder
jedenfalls weitgehend ungeschoren davon kommt.
Um nur ein Beispiel aus meiner jüngsten Erfah-
rung zu nennen: Wie soll man noch reagieren,
was soll man noch sagen zu der Tatsache, daß ein
Robert Mugabe das Volk von Zimbabwe seit
Jahrzehnten unterdrückt, ausbluten läßt und seine
Macht mit immer neuem Terror und Blutrausch
zementiert? Weitgehend tatenlos schaut die Welt-
öffentlichkeit zu (wenn sie denn überhaupt noch
hinschaut), die „stille Diplomatie“ der Nachbar-
länder ist eine Farce, und da in Zimbabwe weder
großes Geld noch strategischer Einfluß zu holen
ist, wird sich daran wohl auch nichts ändern. Und
wenn es dann – irgendwann, wenn er sich satt-
und vollgefressen hat – doch noch gelingt, den
Diktator zum Abdanken zu bewegen, dann garan-
tiert ihm irgendwer ein nettes Plätzchen im Exil,
wo er seinen Lebensabend ungestört genießen
kann. Immer wieder findet Kain ein Schlupfloch,
eine Hintertür, eine Lücke, durch die er ent-
kommt. Soll er denn wahrhaftig immer und im-
mer wieder davon kommen?

Solche Empörung über das Unrecht in der
Welt ist, wie gesagt, gerechtfertigt, sie spricht für
uns. In der Tat wäre es ja noch schlimmer, wenn
sich vollends niemand mehr darüber empören
würde. Unser Mitleid gilt Abel – und unser
Wunsch und unsere Hoffnung, daß es doch ein-
mal anders sei, daß die uralte Geschichte doch
einmal anders ausgehen möge.

Nur, die Sache hat einen Haken: Mögen unse-
re Sympathien auch Abel gelten – wir selbst sind
Kain. Mögen uns die Opfer dauern und empören
– wir sind selbst Nachkommen des ersten Mör-
ders. Das ist nicht einfach ein rhetorischer Kniff,
um zu provozieren, das ist lediglich eine Frage der
Wahrscheinlichkeit, der Statistik und der Evoluti-
on. Überlegt selbst: Wie viele Nachkommen hatte
Abel? Keine – wie sollte er auch. Kain aber durfte
sich weiter fortpflanzen, konnte seine Gene wei-
tergeben, so daß sein Geschlecht am Leben blieb
und zu einem mehr oder weniger großen Volk
heranwuchs. Das erwähnt die Bibel ja auch aus-
drücklich, daß Kain der Stammvater der Keniter
wurde. Es geht aber noch darüber hinaus, denn es
gilt ja grundsätzlich: Die Täter haben immer mehr
Gelegenheit, sich fortzupflanzen, als die Opfer.
Schon deswegen ist es sehr wahrscheinlich, daß
wir alle Nachkommen von Tätern sind, weit eher
als Opferkinder. Und das läßt sich ja schließlich
auch mit einem Blick auf die Grundprinzipien der
Evolution noch untermauern: Es sind die Durch-
setzungsfähigen, die sich fortpflanzen, ihre Gene
weitergeben und fröhlich Nachkommen in die
Welt setzen. Und das eben auf Kosten der
Schwächeren, der weniger Rabiaten und weniger
Überlebenstüchtigen.

Das alles ist gar kein moralisches Urteil und
kein Vorwurf – das ist nur die Konsequenz aus
ein paar statistischen und evolutionären Überle-
gungen: Wir sind Kainskinder! Unsere Sympathie
mag und soll Abel gelten, unser Mitleid und unse-
re Empörung gehört ihm zu recht. Unsere Gene
aber sind die Kains, und etwas von seinem Blut
fließt unauslöschlich in unseren Adern. Mit dieser
unangenehmen, aber wohl doch unausweichli-
chen Einsicht lohnt sich ein zweiter Blick in die
Erzählung, denn plötzlich geht es dort noch ein-
mal ganz anders um uns, als wir es vielleicht ver-
mutet haben oder gerne hätten.

„Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Op-
fer, 5aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an.“
Da stehen sie nebeneinander, die beiden Brüder,
und opfern von ihren Erträgen. Gott aber nimmt
das Opfer des einen an und des anderen nicht.
Warum? Das leider wissen wir nicht. Die Erzäh-
lung schweigt dazu, und wie man es auch dreht
und wendet, trotz aller Versuche der Ausleger seit
Hunderten von Jahren – es gibt keine Erklärung
für diese unterschiedliche Behandlung der beiden.
Nur eben das wird notiert: Abels Opfer fand
Wohlgefallen bei Gott, das seines Bruders aber
nicht. Was machen wir daraus? Ich fürchte, es
läßt sich daraus nur ein Schluß ziehen: Manchmal
geht es in der Welt unbegreiflich und scheinbar
unfair zu. Die Wirklichkeit paßt nicht immer zu
unseren Vorstellungen von Recht und Gerechtig-
keit. Ob wir das nun ‚Gott’ nennen oder ‚Schick-
sal’ – das Leben geht nicht glatt auf, und die Vor-
stellung, daß gute Taten mit gutem Leben belohnt
werden und das Geschick des Bösen immer auch
ein böses ist, wird schon im Alten Testament über
den Haufen geworfen. Nein, auch diese Einsicht
ist unangenehm, aber – wie es scheint – unaus-
weichlich: Es gibt Ungerechtigkeit in der Welt,
unfaire Unterschiede und durch nichts begründe-
te Ungleichheit. Die Frage ist, wie gehe ich damit
um?

Kain tut das, was immer das einfachste ist: Er
nimmt diese scheinbare Ungerechtigkeit persön-
lich und macht dicht: „Da ergrimmte Kain sehr und
senkte finster seinen Blick.“ Da ist kein Gespräch
mehr möglich, weder mit dem Bruder noch mit
dem, der doch vielleicht noch etwas daran ändern
könnte – Gott. Wer den Blick senkt, hat bereits
beschlossen: Hier ist nichts zu machen, wenn das
so ist, dann spielt doch ohne mich weiter. Wer
sich einmal in das Loch des Selbstmitleids hat
hineinfallen lassen, der ist nicht mehr leicht dort
herauszuholen. Da nützt sogar die warnende An-
rede Gottes nichts: „Da sprach der HERR zu Kain:
Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen
Blick? 7Ist’s nicht also? Wenn du fromm bist, so kannst
du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so
lauert die Sünde vor der Tür.“ Das Wort dringt nicht
mehr durch zu Kain. Fast könnte man meinen,
man hätte hier einen typischen Fall von klinischer
Depression vor sich. Abgeschlossen von der
Welt, unfähig, sich selbst aufzurichten oder sich
von jemand anderem zurechtbringen zu lassen.
Die schwarze Wolke der Wut über das empfun-
dene Unrecht hat ihn bereits umhüllt. Anstatt mit
Gott auszumachen, was doch allein zwischen ihm
und Gott steht – das abgelehnte Opfer – sieht er
nur noch einen Ausweg: Wenn ich hier nur die
Nummer 2 bin, dann muß die Nummer 1 halt
weg. Solange der da anscheinend Gottes Liebling
ist, ist für mich wohl kein Platz, also muß ich der
ungleichen Liebe das Vaters nachhelfen. Das
kann man wunderbar psychologisch ausziehen
oder auch in moderner Mentalität wiederfinden:
Egal was mir passiert im Leben – jemand anders
muß Schuld sein, jemand anders soll dafür den
Kopf hinhalten. Und so trifft es den Kopf des
Bruders. „Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Laß
uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem
Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel
und schlug ihn tot.“

So einfach ist das – scheinbar: Ich verlagere
meine Probleme auf jemand anderes, und wenn
ich den dann los bin, ist auch mein Problem aus
der Welt. Mancher lebt ein ganzes Leben nach
diesem Prinzip. Und wenn sich dann die Stimme
Gottes, die Stimme des Gewissens doch noch
regt – „Wo ist dein Bruder, Kain?“, dann finde ich
immer noch eine schlagfertige Retourkutsche:
„Soll ich denn meines Bruders Hüter sein?“ Der ist
doch wohl alt genug! Die Antwort auf diese
schnippische Bemerkung aber lautet: Ja, du sollst.
Du sollst, weil du es bist. Wer einen Bruder, eine
Schwester hat, kann nicht mehr leben, als sei er,
als sei sie allein auf der Welt. Das hat Kain noch
nicht begriffen, und bis heute haben wir schwer
daran zu knacken. Aber es bleibt doch wahr: Dein
Bruder, deine Nächste, dein Mitmensch ist dir mit
auf deinen Weg gegeben, und es gibt dein Leben
nicht ohne das Leben der anderen. Daran arbei-
ten wir uns bis heute ab; man kann wahrlich nicht
sagen, daß uns diese Einsicht schon in Fleisch
und Blut übergegangen wäre, aber aus der Welt
zu schaffen ist sie auch nicht mehr seit den Tagen
Kains: Du kannst nicht an deinem Bruder, an
deiner Schwester vorbeileben, so gern du es auch
würdest.

Und so muß Gott eingreifen. Das Blut des
Gemordeten darf nicht klaglos im Boden versik-
kern; die mit Blut getränkte Erde schreit zum
Himmel. Und ruft nach Rache, nach Strafe, nach
Ausgleich. „Unstet und flüchtig sollst du sein auf Er-
den“, lautet der Urteilsspruch, und das ist das
Schicksal Kains bis heute, ist unser aller Schicksal
– auch wenn wir uns in unserer Heimatlosigkeit
mehr oder weniger heimatlich eingerichtet haben.
Etwas von dieser Heimatlosigkeit bleibt in uns,
etwas von diesem Gefühl, das Wohnrecht auf der
Erde eigentlich verspielt zu haben. Da bekommt
Kain es mit der Angst zu tun: „Dann bin ich ja
auf ewig auf der Flucht, und wer mich findet,
wird mich totschlagen“, bricht es aus ihm heraus.
Und auch diese Einsicht überkommt ihn mit aller
Gewalt: „Meine Strafe ist zu schwer, als daß ich sie
tragen könnte!“ Und, merkwürdig, in diesem Auf-
schrei liegt etwas ganz Großes: Mit einem Mal
sehen wir einen Menschen vor uns, der sich sei-
ner Schuld stellt. Mag es noch so ungeheuerlich
sein, was er getan hat – immerhin hält er dieser
Ungeheuerlichkeit stand. Nicht wie seine Eltern,
die die Schuld hin und her schoben („nicht ich
war’s, sondern das Weib – nein nein, nicht ich,
sondern die Schlange“); nein, Kain nimmt seine
die Schuld auf sich und erkennt sie an. Und damit
wird er zum ersten Menschen, der sich seiner
Verantwortung stellt! Kain ist – so unsympathisch
er uns sein mag – der erste erwachsene Mensch auf
den Seiten der Bibel, der erste, der das Geheimnis
des Menschseins auf sich genommen hat: Schul-
dig werden zu können und die Verantwortung
dafür zu übernehmen. Darunter ist Menschsein
nicht zu haben; weder in der paradiesischen Ein-
tracht das Garten Eden noch in dem verstockten
„ich war’s aber nicht!“ seiner Eltern. Erst in dem
Moment, wo einer sagt: „Ja, ich habe es getan und
ich stelle mich meiner Schuld“, da beginnt das
Menschsein.

Wie sollte Gott anders darauf reagieren als mit
einem unerhörten Gnadenerweis? Das berüchtig-
te Kainszeichen, mit dem er den Mörder versieht,
ist ja gerade kein Brandmal für den Ausgestoße-
nen und Vogelfreien, sondern ein Zeichen des
besonderen Schutzes! Unter Gottes Schutz darf
der Mörder weiterleben, und das Zeichen dient
gerade dazu, weiteres Blutvergießen zu verhin-
dern! Damit sich der Kreislauf von Gewalt und
Gegengewalt eben nicht unendlich fortsetzt, ge-
währt Gott ihm diesen Schutz: „Und der HERR
machte ein Zeichen an Kain, daß ihn niemand erschlüge,
der ihn fände.“ So lebt Kain als Gezeichneter wei-
ter, darf weiterleben „im Lande Nod, jenseits von
Eden, gegen Osten.“

‚Jenseits von Eden’ leben wir; das ist uns nur
allzu sehr bewußt, wenn wir mit offenen Augen
durch die Welt gehen. Aber das Entscheidende
ist: Wir dürfen leben, dürfen leben als Nachkom-
men von Kain, als Schuldige unter der unbegreif-
lichen Gnade Gottes, als Gezeichnete, als ausge-
zeichnete Menschen. Als Kinder und Enkel von
Tätern, als Nachkommen Kains, als solchen, die
immer schon auf Kosten anderer leben, ist uns das
gesagt: Du darfst unter dem besonderen Schutz
Gottes leben! Und unter diesem Schutz müssen
wir das immer wieder lernen, jede Generation,
jede/r einzelne: Menschsein beginnt dort, wo ich
Verantwortung übernehme für meine Taten;
Menschsein beginnt dort, wo ich einsehe: Ja, ich
bin meines Bruders Hüter, bin an meine Schwe-
ster gewiesen, kann mein Leben nicht mehr für
mich und alleine leben.

Kain ist der erste Erwachsene in der Geschich-
te der Menschheit – und wie jedes Erwachsen-
werden ist auch dieses mit Schmerz und Leid
verbunden. Wir können nicht dahinter zurück,
können nicht wieder in die kindliche Geborgen-
heit und Unschuld zurück. Wir müssen und wir
dürfen leben als Menschen, die schuldig werden,
die Verantwortung übernehmen können und,
indem wir es können, auch übernehmen müssen.
Und zugleich als Menschen, die von Gott ge-
schützt und gezeichnet sind; behütet und getragen
von einer Gnade, die unser Leben umspannt und
uns immer wieder erhebt aus unserem Selbstmit-
leid, aus unserer gegen andere gerichteten Frustra-
tion, aus unserer wehleidigen Klage über die Un-
gerechtigkeiten der Welt. Du mußt damit leben,
aber du kannst auch damit leben: Gott sei Dank!
Gott sei Dank für Kain, den wir nicht abschütteln
können und der uns lehrt zu leben: In der Ver-
antwortung, die wir nicht mehr zurückgeben kön-
nen; mit dem erwachsenen Blick auf die Welt, der
uns auszeichnet – und nie mehr ohne unseren
Bruder und unsere Schwester, die uns zum Leben
mitgegeben sind.

Als Begnadete, Geschützte und von Gott Aus-
gezeichnete dürfen wir leben, sollen wir leben,
können wir leben. Gott sei Dank!

„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus
Jesus. Amen.“

 

 

Fürbitten

Herr, unser Gott, lieber himmlischer Vater,
wir danken dir für diesen Gottesdienst und für dein
Wort. Manche Einsichten erschrecken uns, der Blick auf
uns selbst ist oft schwer auszuhalten.
Du aber läßt uns unter deinem Schutz neu anfangen;
du entläßt uns in deine Welt als verantwortliche, erwach-
sene Menschen. Hilf uns, diese Verantwortung zu über-
nehmen, unsere Taten zu bedenken, zu ihren Folgen zu
stehen und durch alles Versagen hindurch immer wieder in
deine Gnade zu fliehen.
Wir bitten dich an diesem Sonntag für deine Kirche,
für deine Gemeinde hier in Wermelskirchen, für den Neu-
anfang besonders im Nordbezirk: Segne unsere gemeinsa-
me Arbeit im Kollegium, im Presbyterium, in der Gemein-
schaft der Mitarbeit – mit dir wollen wir zuversichtlich in
die Zukunft gehen!
Wir bringen Freud und Leid aus der Gemeinde vor
dich …
Wir bitten für unsere Stadt, für unser Land: Offen-
heit, Ehrlichkeit, Rückgrat und Verantwortung haben
wir bitter nötig. Schenk es uns und allen, die große Ver-
antwortung tragen!
Segne diesen Tag, das Miteinander, das Wiedersehen
und Auffrischen alter Freundschaften; begleite die, die
wieder auf die Straße müssen, und uns alle beschenke mit
deinem Frieden und deinem Segen.
Das alles bitten wir dich voller Vertrauen, und so be-
ten wir auch gemeinsam zu dir voller Vertrauen:
Vater unser im Himmel…